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Wiesenlust statt Mäherfrust

Bienenschutz Sensenlehrer Bernhard Lehr

Wenn morgens die Natur erwacht, die Sense mühelos durch feuchtes Gras zischt und Vogelgezwitscher mich begleitet, dann tanzt die Sense mit mir, oder ich mit der Sense. Vielleicht höre ich eine Blindschleiche davon huschen, oder ich sehe eine Heuschrecke aufspringen. Es duftet nach Blüten, und ich vergesse mich und die Zeit. Ich frage mich nicht mehr, ob es mit einem Motormäher leichter gegangen wäre – vorausgesetzt er wäre überhaupt angesprungen. Es ist für mich einfach irrelevant. Für den Vollerwerbslandwirt mag gelten: Zeit ist Geld. Für mich als privater Wiesenbesitzer gilt: Zeit, die ich auch auf der Wiese mit der Sense verbringe ist Freizeit, ist Naturerleben, ist Qualität.

Jede Wiese und jeder Bereich einer Wiese ist anders. Bei jedem Sensenschwung merke ich, wo sich welche Pflanzen etabliert haben, je nach Licht, Feuchtigkeit und Boden. Mit der Sense bin ich sensitiv – für das was blüht oder bald blüht. Ich lasse bestimmte Bereiche erst einmal stehen, z. B. den wilden Majoran, oder eine Glockenblume, die sich von selbst angesiedelt hat oder ein Bereich, wo sich Akeleien behaupten, die gerne von Hummeln besucht werden.

Auf dieser Seite möchte ich Menschen, die sich für das Mähen mit der Sense interessieren an meinen Erfahrungen teilhaben lassen. Ich widme mich intensiv allen Themen und Fragen rund um das Mähen mit der Sense.
Die folgenden Abschnitte erleichtern Dir dabei die Orientierung!

Weshalb Bienenfreunde mit der Sense mähen …
Campanula rotundifolia
Rundblättrige Glockenblumen werden geschont. Sie stellen eine wichtige Pollenquelle für spezialisierte Wildbienen dar.

Viele Gründe sprechen für das Mähen mit der Sense. Wer sich für Bienen und andere Insekten einsetzen möchte, der sollte zur Sense greifen,

  • weil es die Artenvielfalt fördert – ein ein- bis zweifache Mahd mit der Sense pro Jahr lässt Blumen blühen und aussamen. Wer zusätzlich das Mähgut abräumt, drängt Gräser zurück und fördert spezialisierte Pflanzen und spezialisierte Wildbienenarten
  • weil Insekten geschont werden – im Gegensatz zur Rotormähern werde Bienen, Käfer etc. nicht zerhäckselt.
  • weil es ein Naturerlebnis ist – Mähen mit Motoren ist Arbeit. Das Mähen mit der Sense hat meditativen Charakter, es ist leise (geht auch sonntags) und stinkt nicht. Die Natur kann mit allen Sinnen erlebt werden.
  • weil Arme, Beine, Rücken und Rumpfmuskulatur trainiert werden– Mähen mit der Sense ist ein idealer Ausgleich für Bürostuhlsitzer
  • weil es ein über Jahrhunderte optimiertes Handwerk ist – Die Sense ist ein ideales Werkzeug für Hobbygärtner und Stücklesbesitzer/pächter.
  • weil man damit wertvolles Viehfutter erzeugt – Sensenmähgut stinkt nicht nach Benzin oder Öl und wird von Tieren viel gerner gefressen
Ja, aber – häufig genannte Gründe gegen das Mähen mit der Sense …

Im folgenden habe ich alle Punkte gesammelt, die immer wieder – meist von Menschen, die noch nie mit der Sense gemäht haben – gegen das Mähen mit der Sense angeführt werden.

…mein Grundstück ist am Hang
Wo ich noch stehen kann, kann ich auch mähen. Die Sense ist leichter als motorisierte Mähgeräte und auch für steiles Gelände geeignet. Es ist kein Zufall, dass die Sense in den steilen Gebirgshängen in den Alpen nie durch Motormäher verdrängt worden ist.

…es macht doch mehr Arbeit als motorisiert zu mähen
Die Sense ist leichter als motorisierte Mähgeräte, von daher haben Sie mit der Sense von Start weg einen leichten Vorteil. Vergleichen Sie mit dem Rasenmäher? Der muss oft mähen, weil er mit hohem Gras nicht zurecht kommt. Dann haben Sie mehr Arbeit, als wenn Sie die Wiese zweimal pro Jahr mit der Sense mähen. Vergleichen Sie mit dem Freischneider? Der Vergleich hinkt. Motorisiertes Mähen ist doch Arbeit, die Sie so schnell wie möglich hinter sich bringen wollen. Beim Mähen mit der Sense erleben Sie die Natur, das ist Freizeitvergnügen. Wer ein großes Grundstück hat und sich allein mit der Sense überfordert fühlt, kann sich über unsere Mitmach-Aktion Stuttgarter Sensenschwinger Mäh-Helfer suchen und in Gemeinschaft mähen.

…ich komme mit meiner Sense nicht zurecht
Das kann an der Sense selbst, an ihrer Einstellung am Stiel, an ihrer (Un-)schärfe oder an der Mähtechnik liegen. Das können wir bei einem gemeinsamen Mähtermin oder in einem Sensenkurs herausfinden und verbessern.

Ohne einen dünnen Dangel geht es nicht.

…wohin mit dem Mähgut
Abräumen des Mähguts ist in jedem Fall sinnvoll, weil die Wiese dann nicht verfilzt und nicht gedüngt wird. Im besten Fall finden Sie jemanden, der das Schnittgut als Grünfutter oder später, wenn getrocknet, als Heu an Tiere verfüttern kann. Was immer geht, ist das Kompostieren. Wenn Sie keine „wilde Ecke“ zum Kompostieren einrichten wollen, können Sie das Schnittgut zu einer der städtischen Kompostieranlagen fahren. Mehr dazu im Kapitel „Wohin mit dem Mähgut“.

…meine Wiese wurde schon lange nicht mehr gemäht
ist uneben, verfilzt, und Baumschösslinge sind schon zu sehen? So eine Wiese erfordert anfangs mehr Kraft. Wenn Sie zweimal im Jahr mähen und das Mähgut wegnehmen, wird es aber von Jahr zu Jahr leichter. Sie müssen ja nicht die ganze Wiese auf einmal mähen. Niemand erwartet, dass Sie so eine Wiese in einer Saison umgestalten.
Für Baumschösslinge eignen sich die robusten, kurzen Heidesensen. Damit schonen Sie Ihre Sense mit dem dünnen Dangel für das feine Gras. Ansonsten hilft Ihnen da auch der motorisierte Freischneider nicht weiter, denn die Schösslinge kommen nächstes Jahr wieder. Das geeignete Werkzeug hierfür ist die Axt, mit der Sie die Wurzeln bis in 5 cm Tiefe abhauen können.

…woher bekomme ich eine gute Sense
Wenn Sie noch eine alte haben, die in der Gartenhütte vor sich hin rostet, dann kann diese genauso gut sein wie eine neue. Eventuell müssen Schrammen ausgemerzt und die Sense gedengelt werden. Das können wir auch gerne begutachten und Tipps geben. Eine Liste von Bezugsquellen findet ihr im letzten Abschnitt auf dieser Seite. Bei „Billigsensen“ (Neuware) ist es oft Glücksache, ob der Stahl die richtige Duktilität hat und ob die Sense richtig eingestellt werden kann.

Wohin mit dem Mähgut …

Grünfutter oder Heu machen

Heu auf einer Dreibein-Heinze

Am besten ist es, wenn man Abnehmer von Grasschnitt oder Heu hat. In jedem Fall sollte man mit neuen Abnehmern einen vor-Ort-Termin auf der Wiese machen, damit sie/er beurteilen kann, ob der Aufwuchs auch für die Tiere geeignet ist, ob er als Grünfutter oder als Heu geeignet ist. Diese Entscheidung sollte man dem Abnehmer überlassen, denn es gibt auch unverträgliche Pflanzen und unterschiedlich empfindliche Tiere. Beim Heumachen muss man genau darauf achten, dass es richtig gut trocknet. Dafür gibt es Heureuter oder Heinzen. Wenn das Heu richtig aufgeschichtet ist, hat es keinen Bodenkontakt. Dann spielt Taunässe kaum eine Rolle, und Regenwasser kann abtropfen.
Um Heu zu komprimieren, gibt es einfache Heuballen-Pressen, die man sich sogar selber bauen kann.

Mähgut kompostieren

Wer keinen Heuabnehmer hat, kann kompostieren. Damit das Gras möglichst luftig liegt, ist es gut, wenn es schon gut getrocknet ist. Es ist dann so leicht, dass es locker liegt und gut durchlüftet wird. Grobe Äste zwischendurch reingesteckt lockern die Schichten auf. Bodenkontakt ist wichtig, damit Würmer & Co. gut rankommen. Wer möglichst viel Heu auf wenig Platz unterbringen will, kann eine Umzäunung mit grobem Zaun bauen. So bekommt man mindestens die doppelte Menge pro qm unter. Der Haufen sackt im Laufe des Jahres auf einen Bruchteil der ursprünglichen Höhe zusammen und kann im nächsten Jahr wieder befüllt werden. Nach etwa drei Jahren kann man in Bodennähe den ersten Kompost ernten oder den fast fertigen Kompost in einem Komposter zu Ende kompostieren lassen. Der Heuhaufen sollte einige Meter von Bäumen entfernt stehen, damit für den Fall, dass dort Mäuse überwintern, diese nicht an den Baumwurzeln knabbern.

Oder darf es ein Heuzaun sein

Das Gras oder Heu kann auch als Zaun genutzt werden.
Sensenshops, Bücher und mehr …

Gute Sensen gibt es bei

Vereinsleben rund um die Sense

  • Sensenmähverein Baden-Württemberg e.V. gegründet 1999
  • Sensenverein Deutschland e.V. gegründet 2009
  • Bienenschutzverein Stuttgart (BSV) e.V. gegründet 2013

Buchveröffentlichungen

  • Bernhard Lehnert, „Mähen mit der Sense“, Ökobuch Verlag, 6. Auflage, 2022, 77 Seiten
  • Bernhard Lehnert, „Dengeln – Die Kunst Sense und Sichel zu schärfen“, Books on Demand, 1. Auflage, 2005, 80 Seiten
  • Ian Miller, „The Scything Handbook: Learn How to Cut Grass, Mow Meadows and Harvest Grain with a Scythe“, New Society Publishers, 2016, 160 Seiten

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